Elektromobilität spielt sich nicht nur auf vier Rädern ab. Gerade auf kurzen Distanzen, in bergigen Regionen und in der Stadt bieten Zweiräder, komfortabel elektrifiziert, einige Vorteile. Nachdem wir seit gut zwei Jahren mit Smart ED und BMW I3 auf vier Rädern überzeugt und zufrieden elektrisch unterwegs sind, sollte es nun auch ein elektrifiziertes Zweirad sein. Und ein perfekt auf mich abgestimmtes Rad hatte ich ja eigentlich schon, nur ohne Motor.

Vor dem Umbau

Vor dem Umbau

Dieses Rad wurde im Mai 1994 bei Rose Bikes extra für meine Größe (155cm) aufgebaut. Es sollte ein Rad sein, mit dem ich sportlich fahren kann, aber auch mal längere Touren möglich sind. Der Nishiki Rahmen war zur damaligen Zeit schon was richtig Gutes. Die Gripshift 21 Gangschaltung hatte ich lieb gewonnen. Mit diesem Rad bin ich zunächst über 10 Jahre gefahren, mal mehr, mal weniger. Als wir 2006 nach Hattingen „ins bergische“ gezogen sind, war es aber dann nahezu vorbei mit Radfahren. Die ordentlichen Steigungen hier, mit Anstiegen bis zu 17 % haben einfach keinen Spaß gemacht und so ambitioniert war und bin ich nicht, dass ich nach jedem Einkauf, nach jeder Tour diese Anstiege hoch wollte. Und jünger geworden bin ich auch nicht. Also erst mal das Rad in die Garage gehängt. Da hing es dann.

Über Kontakte zu anderen Elektromobilisten erfuhr ich, dass es möglich ist, Räder mit einem Elektroantrieb nachzurüsten. Und es sollte schon ein drehmomentstarker Direktantrieb im Hinterrad und kein Mittelmotor sein, wie man ihn heute bei vielen Pedelecs findet. Nach meinen Wünschen wurde das Rad dann bei JEWO.mobil in wenigen Tagen umgebaut. Nun ist ein getriebeloser Crystalite „High Torque“ HT3025 Hinterraddirektantrieb. Er verfügt über ein Drehmoment von 60Nm bei 36V 20A (250-2000 Watt – Nominell 500W). Der Akku hat eine Kapazität von 11,6Ah und erzielt eine Reichweite von bis zu 80 km (je nach Unterstützungsgrad). Der Akku sieht ein bisschen aus wie eine Thermoskanne und wird folgerichtig am Platz des Flaschenhalters am Vorderrohr befestigt. Er kann im Halter geladen werden, oder auch entnommen und extern geladen werden. Dies ist natürlich auch ein Diebstahlschutz.

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links: Antrieb – – mitte: Controller und Akku – – rechts: Lenkerbedieneinheit

Der verwendete Direktantrieb besitzt mit 60Nm ein extrem hohes Drehmoment für die hiesigen Berge, übliche Pedelecs haben um 25Nm. Ein Serienpedelec mit einem solch starken Antrieb wird man kaum finden. Da es aber auch bei 25km/h abgeregelt ist, ist es nicht versicherungspflichtig und darf weiter auf Radwegen fahren. Das war mir wichtig. Über Rekuperation wie unsere Elektroautos verfügt dieser Antrieb nicht. D.h. beim Bremsen wird der Akku nicht nachgeladen, sondern die Energie verpufft an den Bremsklötzen ungenutzt. Anfangs bin ich nur wenige Kilometer gefahren. Mal in den benachbarten Stadtteil (ca. 3 km), dann mal in die Stadt (ca. 6 km). Bei diesen Distanzen gewöhnt man sich an die Antriebshilfe,  man gewöhnt sich aber auch an den Verkehr drum herum. Und es macht zunehmend Spaß.

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km Stand nach knapp einem Jahr

Beim täglichen Fahren sind dann doch noch ein paar Veränderungen nötig gewesen. Es wurden neue stärkere Bremsen angebaut (Magura Hydraulik), das Licht wird jetzt direkt vom Akku aus versorgt, so dass immer ein schönes und helles LED Dauerlicht leuchtet und man keinen nervigen Dynamo mehr braucht. Nun ist es fast genau ein Jahr her, dass das Rad umgerüstet wurde und ich bin damit in dieser Zeit ziemlich genau 1848 km gefahren und sehr glücklich damit.

Inzwischen lege ich viele, viele Wege mit dem Rad und immer weniger mit dem Elektroauto zurück. Daher gab es noch einen zweiten Reserve Rad-Akku dazu. Warum? Der Hund fährt jetzt immer öfter im Anhänger mit, auch unsere Huskydame wird älter (inzwischen 13 Jahre alt). So hängen zusätzlich noch mal gut 30 kg am Rad, die gezogen werden müssen. Und auch das schafft der Motor nahezu mühelos. Durch den Anhänger ist es auch möglich Getränkekisten oder Einkäufe zu transportieren und trotzdem sehr bequem die Anstiege hochzufahren.

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Auf Tour mit Hundeanhänger und Elektroantrieb

Warum habe ich mich entschieden das Rad umzubauen? Ein gutes auf mich abgestimmtes Rad hatte ich ja schon. Ein neues Pedelec wäre ungleich teurer geworden und so hatte ich für etwa 1500 Euro ein perfekt auch mich angepasstes individuelles Pedelec mit sehr kraftvollem Hinterradantrieb. Und der Strom für den Akku kommt – wie bei unseren Autos auch –  umweltfreundlich vom eigenen Solardach. Ausserdem sind gerade ältere Fahrräder vom Rahmen qualitativ oft so hochwertig, dass ein Umbau lohnt. Gerade bei den günstigeren Pedelecs wird oft an der Qualität des Rahmens gespart. Der Rahmen des umzurüstenden Rades muss auch stabil genug sein, um den Motor und dessen Kräfte auszuhalten. Auch das ist mit heutigen Leichtbaurahmen nicht immer der Fall und sollte man in jedem Fall vom Fachmann vor dem Umbau prüfen lassen.

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Hundecabrio

Zur Elektromobilität und neuen umweltfreundlichen Mobilitätskonzepten gehören sicher auch die Zweiräder, und mit den heutigen Elektromotoren erhöht sich die Alltagstauglichkeit in unseren bergigeren Region schon erheblich. Wegen der Unterstützung durch den Elektromotor benütze ich das e-Fahrrad wesentlich häufiger und bin auf kurzen Distanzen flexibler, teilweise sogar schneller als mit dem Auto und muss keinen Parkplatz suchen. Das ich je km viel weniger Strom als mit dem E-Auto verbrauche ist selbstverständlich und ein zusätzlich umweltschonender Aspekt.

Wer also noch ein schönes Rad Zuhause hat und den Kauf eines neuen Pedelec scheut, sollte ruhig mal über die Nachrüstung eines E-Motors nachdenken. Insbesondere wenn gute Komponenten an einem hochwertigen Rad verbaut worden sind. Diesen Umbau kann man selber vornehmen, oder wie in unserem Fall beim Fachmann machen lassen. So ein Pedelec macht Spaß, ist gut für die Fitness und gut für die Umwelt. Und wenn man es doch mal ganz sportlich ambitioniert will, kann man den Antrieb natürlich auch abschalten.