Wer hier öfter liest, weiss, dass ich mich nicht nur aufregen kann, sondern auch gerne Lobhudelei betreibe, wenn mich etwas begeistert. Nachdem ich kürzlich auf allen Kanälen über die Ladesäulen-Infrastruktur von RWE geschimpft und natürlich auch ausführlich hier im Blog darüber berichtet habe, wie meine enttäuschenden Erfahrungen auf dem ersten Langstreckentrip mit dem Elektroauto waren, muss ich heute, wenige Tage später, dazu etwas Positives nachreichen.

RWE Mobility hat kurz nach der Veröffentlichung meines Blog-Artikels den Kontakt zu mir gesucht und sich sowohl auf Twitter als auch hier im Blog entschuldigt und auch Stellung bezogen! Darüber hinaus wurde mir angeboten, meine offenen Fragen direkt mit einem Ansprechpartner beim RWE zu klären. Daher habe ich gestern Herrn Dr. Stephan Hell, zuständig für Produktmanagement und Produktinnovationen, angerufen und ein ausführliches Gespräch geführt. Vorneweg muss ich gestehen, dass ich eine derartige Offenheit, wie sie mir entgegengebracht wurde, nicht erwartet hatte. Eine überaus positive Überraschung, dass man so bereitwillig in den Dialog mit den Kunden bzw. Nutzern der Infrastruktur tritt. Da ich einer der aktivsten User in einem der wichtigsten deutschsprachigen Elektroauto-Foren – GoingElectric – bin, hat es mich besonders gefreut, dass Herr Hell sich dort ebenfalls informiert. Ich konnte diverse Fragen und Anregungen, die mir persönlich, aber auch anderen Elektroautofahrern, auf der Zunge lagen, mit ihm ausführlich besprechen. Da ich sogar eine Einladung zu RWE nach Dortmund erhielt, könnte dieser Dialog auch von längerer Dauer sein, was allen Beteiligten nur helfen dürfte in der aktuellen spannenden Zeit, in der sich unsere Mobilität stark wandelt und neu bildet.

Konkret sprachen wir über folgende Themen, die ich kurz versuche wiederzugeben:

  •  Viele Ladesäulen waren tatsächlich aus historischen Gründen nicht für die 22kW-Ladung freigeschaltet. Da bisher lediglich Autos ohne AC-Schnelllader unterwegs waren, ist das lange Zeit nicht aufgefallen. Das RWE hat diese Woche aufgrund meines Berichtes alle Ladesäulen in Deutschland überprüft und – wo möglich – auf 32A (22kW) konfiguriert. Bei einigen wenigen lässt dies allerdings die Infrastruktur leider nicht zu. Unglücklicherweise ist eine entsprechende Angabe im Ladesäulenfinder von RWE nicht ohne weiteres möglich. Es wird aber demnächst eine Liste der Säulen geben, die nur 16A können, die dann in die anderen Verzeichnissen (Lemnet, Plugfinder, GoingElectric) übernommen werden kann.
  • Auf meine Frage hin, warum die Hotline kaum mehr Möglichkeiten hat als ein Kunde selbst mit der Smartphone App, bekam ich die Antwort, dass dies sicherheitstechnische Gründe hat. Eine Säule zu prüfen, zu konfigurieren oder gar einfach in den Messemodus zu schalten, ist lediglich für den Second/Third-Level-Support möglich.
  • Ich stellte die Frage, warum das RWE oftmals auf Rückmeldungen von den Nutzern der Säulen angewiesen ist und nicht selber merkt, wenn mit einer Säule etwas nicht stimmt – Stichwort Monitoring & Diagnose. Das RWE kämpft an der Stelle mit Performance-Problemen mit dem GSM-Netz, über das die Säulen kommunizieren. Weiter soll mit der nächsten Generation Säulen das Thema Monitoring und Management weiter ausgebaut und verbessert werden.
  • Die Kritik an der iPhone App e-kWh ist bekannt, und es befindet sich derzeit eine komplett überarbeitete Version in der Entwicklung. Der Erscheinungstermin wird für Ende 2013 erwartet.
  • Meine Frage, ob ein weiterer Ausbau der Infrastruktur im Bereich der Autobahn-Raststätten seitens RWE geplant ist, wurde verneint. Derzeit gibt es keine weiteren Pläne. Ich hörte raus, dass man wohl hofft, dass die Raststätten selbst auf die Idee kommen, dass das ein guter Wettbewerbsvorteil wäre, diesen Service anzubieten. Ein ladender Elektroautofahrer ist ein sehr attraktiver Kunde im Raststätten-Bistro. 🙂
  • Beim Thema Parkflächen-Überwachung bzw. immer wieder zugeparkter Ladesäulen kann das RWE natürlich selbst nicht viel ausrichten. Man hofft allerdings auf das positive Einwirken auf die Politik seitens der NPE.
  • Elektroautofahrer mit Autostrom-Vertrag, die diesen schon längere Zeit haben – egal ob beim RWE oder einem anderen Vertragspartner – sollten prüfen lassen, ob der Vertrag auch die Freigabe der 32A (22kW) Ladung beinhaltet. Es gibt immer wieder Fälle, wo Kunden sich beschweren und der Vertrag diese Leistung nicht gar nicht beinhaltet.
  • Eine interessante Info am Rand: Einige Säulen auf Raststätten an der Autobahn A1 befinden sich im Messemodus und sind für jedermann kostenlos nutzbar. Dies ist kein „Fehler“, sondern jährlich mit dem ADAC vertraglich vereinbart. Der ADAC bezahlt dafür und fördert damit die Elektromobilität.
  • Die Kommunikation zwischen Auto und Ladesäule, über die zukünftig eine automatische Authentifizierung stattfinden soll, ist derzeit noch in keinem aktuellen Serienfahrzeug enthalten. Man geht davon aus, dass alle ab 2017 gebauten Fahrzeuge diesen neuen Standard unterstützen werden und dann eine RFID-Karte oder ähnliches nicht mehr nötig sein wird.
  • Man nahm meine Anregung auf, dass man derzeit an den Kombi-Säulen (Typ2/CHAdeMO) im Ladesäulenfinder nicht erkennen kann, welche der beiden Seiten belegt ist. Für die nächste Generation denkt man übrigens darüber nach, sogar anzuzeigen, ob die Säule zwar frei, aber der Parkplatz davor z.B. belegt ist. Sehr begrüßenswert!
  • Derzeit wird eine neue Generation Ladesäule entwickelt. Diese soll alle 3 Standards beinhalten: CHAdeMO, Typ 2 und CCS. Während für das aktuelle Säulen-Netzwerk nicht geplant ist, Typ 2 Säulen mit der für den ZOE interessanten 43kW Ladung aufzubauen, sollen diese neuen Kombi-Säulen die 43kW Ladung eventuell bekommen.
  • Das RWE rät dringend davon ab, den Typ 2 Anschluss einer Säule mit einem festen PWM-Signal auf CEE zu adaptieren. Was technisch zwar umsetzbar ist, bedeutet ein Aushebeln der Sicherheitsmechanismen. Mit meinen unfachmännischen Worten: Sagt die Säule, dass sie nur 11kW kann und lädt man dann über eine zwischengeschaltete crOhm Box mit 22kW, kann das die Sicherung der Säule fliegen lassen, und es muss ein Techniker rauskommen, der die Säule wieder aktiviert. Dass dies an manchen Säulen allerdings trotzdem funktioniert, liegt daran, dass die Säule zwar eine Leitungssicherung von 32A hat, aber aus anderen Gründen softwareseitig nur mit 16A genutzt werden darf. Oftmals liegt das an der dahinterliegenden Infrastruktur bzw. ist ein Wunsch des Betreibers einer Raststätte oder anderen Örtlichkeit, wo die Säule steht. Wäre sehr unschön, wenn man mit seinem Auto 22kW lädt, aber dafür nebenan das Licht ausgeht. 😉
  • Mit der Ladesäule in Dötlingen auf der A1 besteht derzeit noch ein technisches Problem, weshalb diese nur auf 16A läuft.

Das war es mal so im Groben, was ich herausbekommen und mir merken konnte. Ich denke, das ist schon recht umfassend. Sollten noch wichtige Fragen bei euch offen sein, würde ich diese gerne sammeln und eventuell bei einem Folgegespräch nochmal anführen. Schön wäre vielleicht auch, wenn sich das RWE direkt in Diskusionen im GoingElectric Forum beteiligen würde. Dies setzt natürlich einen fairen und offenen Umgang beider Seiten voraus, was leider in der Vergangenheit nicht immer so war. Es gibt leider Personen in der Elektroauto-Community, die derlei offene Kommunikation zum Bashing missbrauchen. Es wäre schön, wenn ein Dialog sachlich möglich wäre.