Irgendwie habe ich ein Déjà Vu als ich die unglaubliche Geschichte von Diana und Stefan höre. Sage und schreibe 14 Stunden Fahrt mit dem Elektroauto Renault ZOE für 630km? Oh man, das toppt sogar noch unsere katastrophale erste Langstrecke im Jahr 2013. Hat sich bei der Infrastruktur in den letzten fünf Jahren wirklich so wenig entwickelt?

Ja, es gibt heute viel mehr Ladesäulen als damals und die Schnellladestationen sind mit den heute üblichen 43kW Typ2 (AC – Wechselstrom) auch doppelt so schnell wie die Möhren die wir nutzen mussten als der Renault ZOE gerade neu auf dem Markt war. Aber ansonsten hat sich an den Problemen so gut wie nichts verändert. Diana und Stefan stießen auf defekte Ladesäulen, Stationen die von Verbrennern zugeparkt waren, Ladekarten die nicht funktionierten, hilflose Hotlines und mit Schnarchladern (Plugin Hybriden) blockierte Schnellladestationen.

Ladestation flächenbündig absägen und fachgerecht entsorgen

Natürlich sind solche Geschichten nicht die Regel, die Stabilität der Infrastruktur ist nicht mehr ganz so miserabel wie früher, aber dennoch passieren reibungslose Langstreckenfahrten mit dem Elektroauto noch viel zu selten. Wenn mal eine Station auf dem Weg in den Urlaub nicht will wie sie soll, ist das schon ärgerlich genug, aber wenn fast kein Ladehalt so abläuft wie geplant, hilft es nicht, dass eine derartige Verkettung einfach Pech ist.

Ich fordere die Betreiber von Ladeinfrastruktur daher konkret auf folgende Missstände anzugehen und konsequent zu optimieren:

defekte Ladestationen

Es kann immer mal sein, dass eine Ladestation kaputt geht. Es ist jedoch elementar, dass diese so schnell wie irgend möglich repariert wird. Wie lange würde es wohl dauern, wäre eine Tankstelle wegen einer defekten Kasse nicht in der Lage Benzin zu verkaufen? Ich schätze maximal 60 Minuten und der Laden würde wieder laufen! Zeitnahe Reparaturen und Ersatzteile auf Vorrat kombiniert mit einem Diagnose-Monitoring, so dass der Betreiber selbst merkt wenn etwas nicht stimmt, anstatt darauf zu warten, dass der Kunde anruft und darauf hinweist, dass er gerne Strom kaufen würde, aber nichts funktioniert und er im schlimmsten Fall gestrandet ist. Dazu bedarf es natürlich Techniker im Bereitschaftsdienst.

Dass eine hohe Verfügbarkeit realisierbar ist, beweist Tesla mit den Superchargern, als auch die niederländische Firma FastNed. FastNed bemüht sich eindrucksvoll darum, dass ihr Kernbusiness – Strom an Elektroautofahrer verkaufen – nicht gefährdet ist und erreicht damit extrem hohe Kundenzufriedenheit.

zugeparkte Ladestationen

Man wird auf einer Autobahn-Raststätte vermutlich wenig dagegen machen können, dass ein PKW eine Ladestation zuparkt. Aber zumindest gegen falsch parkende LKW kann man mit eng gestellten Pollern etwas ausrichten. Weiter haben große Schilder oder großflächig lackierte Parkplätze mit Elektroauto Logo zumindest eine gewisse abschreckende Wirkung. Leider trifft man als erfahrener Elektroautofahrer immer wieder auf Ladesäulen wo beides fehlt. Dann braucht man sich auch nicht wundern, wenn die unauffälligen Stationen gerne übersehen werden.

Ladekarten Chaos

Nach wie vor gibt es zu viele Ladekarten, zu verschiedene Tarifmodelle und zu wenige barrierefreie Zugänge zu Ladestationen. Selbst als erfahrener Elektroautofahrer blickt man oft auf Fernstrecken nicht durch, wo man wie laden kann und wie hoch der Preis ist. Was benötigt wird, ist eine eindeutige Erkennungs-Signatur, die das Auto an die Ladestation übermittelt und den Besitzer eindeutig authentifiziert. Auto abstellen, Stecker einstecken, Ladung startet. So einfach muss es sein, dann kommt wirklich jeder damit zurecht.

hilflose Hotlines

Wenn mal etwas nicht klappt, müssen die Hotline Mitarbeiter gut geschult sein. Es hilft niemandem auf der Durchreise weiter, wenn die Hotline empfiehlt, einfach nach dem Wochenende nochmal anzurufen! So etwas macht einen Elektroautofahrer fassungslos, verstehen diese Menschen den nicht, dass es inakzeptabel ist sein Zelt aufzuschlagen, bis man gnädigerweise wieder laden kann? Auch sollten lange Diskussionen unbedingt vermieden werden. Spätestens nach drei Minuten sollte der Anrufer am Laden sein, Diskussionen, Fehlerursachen oder Adressdaten können auch besprochen werden, sonst verliert der Anrufer unnötig wertvolle Zeit. Primärer Aspekt ist die Stromausgabe, der Kunde sollte dabei im Mittelpunkt stehen!

Get your IT running!

Zu guter letzt muss der zuverlässige IT Betrieb gewährleistet sein. Lange Zeit waren Ladestation kostenlos nutzbar. Es war selten eine Authentifizierung notwendig, einfach einstecken und laden! Jetzt wo die meisten Betreiber verständlicherweise Geld für den ausgegebenen Strom haben wollen, ist es essenziell, dass die Ladestation eine Internet-Verbindung hat, das Betriebssystem der Ladesäule alle Module und Schnittstellen im Griff hat und der Server im Rechenzentrum der Säule zeitnah antwortet. Hakt es an irgendeiner Stelle dieser Kette, darf das nicht zu Lasten des Kunden gehen, im Zweifel sollte daher die Ladestation in den Messemodus schalten und den Strom verschenken. Im EK sind lieber 2€ verloren, als ein Kunde völlig frustriert. Ansonsten riskiert man unnötige Hemmnisse in der Verbreitung der Elektromobilität und darum geht es doch, möglichst vielen Menschen möglichst viel Strom zu verkaufen. Abschreckende Fehlfunktionen sind da kontraproduktiv!