Der Renault ZOE befindet sich nun bereits seit 5 Wochen in unserem Besitz. Nach überaus positiven Erfahrungen im Alltag, war es letzte Woche an der Zeit, endlich auch mal die Langstreckenqualitäten dieses viel Freude bereitenden Elektroautos auf die Probe zu stellen. Die Reise sollte 400km von Wuppertal nach Hamburg und zurück gehen und schien wie prädestiniert für den ZOE mit seiner überdurchschnittlichen Reichweite und seinem Chameleon-Schnelllader. War doch die Autobahn A1 Richtung Norden mit ihren etwa alle 100km aufgestellten RWE Schnellladesäulen eines der ersten von der Bundesregierung geförderten Infrastrukturprojekte für die Elektromobilität. Das versprach wenige – und vor allem kurze – Ladestopps! Die vollmundige Theorie erwies sich leider in der Praxis als totaler Blindgänger, führte in eine kleine Ehekrise und ließ selbst mich eingefleischten Fan an der Zukunft des Elektroautos zweifeln. 🙁

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Mir war durchaus bewusst, dass ich mich bei diesem Roadtrip auf ein kleines Abenteuer einlassen würde. Die Reichweite in der Stadt von bis zu 170km schrumpft im Überlandverkehr auf maximal 140km und verlangt dem Fahrer eine präzise Planung und Routenauswahl ab. Zudem sind diese Werte nur für absolut geduldige Fahrer erreichbar, da der dazu notwendige ECO Modus die Höchstgeschwindigkeit auf 95km/h begrenzt.

Wer langsamer fährt, kommt schneller ans Ziel!

Die Wahrheit dieses Zitates eines mir unbekannten Tesla Fahrers aus dem Tesla Forum (TFF) war bei diesem Trip allgegenwärtig. Es ist vergleichbar mit einem Formel 1 Rennen, in dem man geschickt mit der Boxen-Strategie taktiert. Lieber einmal mehr stoppen und dafür schneller fahren, oder lieber weniger Stopps einlegen und langsamer fahren. Im Falle des Elektroautos kann man soviel Zeit gar nicht herausfahren, wie man man bei einem zusätzlichen Ladestopp verliert. Erst recht nicht, wenn sich die Ladestopps unnötig verlängern, aber dazu später mehr!

Die Routenplanung

Bei der Planung der Route erachtete ich eine durchschnittliche Distanz der angefahrenen Ladesäulen von ca. 100km als sinnvoll. So blieb ein gutes Reserverpolster, falls eine Säule wider Erwarten außer Betrieb wäre und eine andere aufgesucht werden müsste. Ich achtete also zusätzlich darauf, dass im Umkreis von maximal 20km jeder eingeplanten Ladesäule weitere nutzbare Alternativen existierten. Bei der Planung half mir ungemein der neue Routenplaner von GoingElectric (Danke an Guy Weemaes!), der entlang der gewünschten Route nicht nur alle verfügbaren Ladesäulen anzeigt, sondern auch noch eine Auswertung der zu absolvierenden Höhenmeter vornimmt. Ein nicht ganz unwichtiger Punkt, wie sich am Ende der Rückfahrt noch zeigen sollte. Als Ergänzung nutzte ich die iPhone App Plugfinder, die einige zusätzliche Informationen zu den jeweiligen Ladesäulen bereit hält. Bei dieser Vorgehensweise kam ich auf vier zu planende Ladestopps, wovon ein Stopp mit höherer Risikobereitschaft auch hätte umgangen werden können. Würde das Netz der Ladesäulen viel dichter bzw. exakt an den notwendigen Stellen Ladesäulen verfügbar sein, wäre die Tour auch mit nur zwei Stopps machbar. Bis das dank weiterem Ausbau der Infrastruktur möglich ist, vergehen aber sicher noch ein paar Jahre.

Der erste Stopp sollte lediglich 10 Minuten andauern und das sichere Erreichen der zweiten Ladesäule sicherstellen. An der zweiten Ladesäule plante ich etwa 50 Minuten Ladezeit ein, während an der dritten ungefähr 30 Minuten reichen sollten. Die letzte Etappe verlangte am vierten Ladestopp wiederum 50 Minuten Ladezeit. Wohlgemerkt ausgehend von einer Schnellladung per Typ 2 von 22kW, mit der ein ZOE theoretisch innerhalb einer Stunde wieder voll sein sollte. Pessimistisch ging ich bei den so geplanten 2,5h Ladezeit von einer gesamten Reisezeit von rund 7h aus.

Tour Report Wuppertal – Hamburg

Am Donnerstag in der Früh um 07:30 Uhr wollten wir gerade losfahren, als prompt das R-Link des ZOE beim Programmieren des Navis abschmierte. Genauer gesagt fehlte die untere Menüleiste, die normalerweise den wichtigen Menü-Knopf beherbergt. Es war nicht wieder in Gang zu bringen und verlangte offensichtlich nach einem kompletten Reboot. Unklar war leider nur, wie man einen solchen Neustart einleiten kann. Mein Versuch über das Ziehen der Radio-Sicherung führte jedenfalls nicht zu einem Ausschalten des Tablet PC. Da wir ohnehin Urlaub und keinerlei Zeitdruck hatten, entschied ich, die Renault-Werkstatt (Eylert Autowelt) aufzusuchen. Es folgten sehr bemühte, aber leider erstmal ratlose Gesichter in der Werkstatt in Wuppertal Barmen. Die Erfahrungen mit den neuen Modellen und deren R-Link Ausstattung sind offenbar noch nicht sehr ausgeprägt. Schlussendlich ging es dann – nach 2,5h – doch wieder. Die 12V Batterie muss einfach lange genug (>15 Minuten) abgeklemmt werden. Um sich im Fall der Fälle selbst helfen zu können, ist ein 10er Maulschlüssel Pflicht im ZOE Kofferraum! Ausgelöst wurde der Absturz übrigens durch meinen Versuch, bei der Hausnummern-Eingabe der Zieladresse einen Nummernbereich (52-56) einzugeben. Der Wechsel der Tastatur zu den Sonderzeichen (für den Bindestrich) förderte diesen Bug zu Tage. Seltsamerweise folgte anschließend die Meldung, dass in meinem Land die Z.E. Services nicht zur Verfügung stehen würden, was ich schlicht ignorierte. Ich hoffe, Renault bessert hier beim nächsten Update nach.

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Um 10:15 Uhr waren wir dann endlich unterwegs zum ersten Ladestopp in 40km Entfernung am Rastplatz Schwerte, um dort kurz zu laden und sicher die nächste Säule in Tecklenburg erreichen zu können. Lange Gesichter unsererseits gab es dann leider vor Ort: die Säule wollte nicht wie wir wollten! Nach einer halben Stunde hilflosen Versuchens und Dauerschleifen an der RWE Hotline das Fazit: Säule wohl defekt. Also folgte Plan B, und wir fuhren weiter nach Unna an den Bahnhof. Dort ergab sich aber leider das gleiche Fehlerbild, die Säule ließ sich einfach nicht aktivieren. Wieder rief ich die RWE Hotline an, mit folgendem Ergebnis nach einer halben Stunde: RWE hatte Probleme im zentralen Serversystem, wodurch angeblich ALLE Ladesäulen betroffen waren! Das war der erste Moment, in dem ich mir eine simple 32A CEE Starkstromsteckdose wünschte, mit der ich easy mit meiner mitgeführten crOhm Ladebox den ZOE mit 22kW hätte laden können! 🙁

Die Stadtwerke Münster haben die Elektromobilität überhaupt noch nicht verstanden!!!

Weitere endlose Minuten mit wirklich hilfsbereiten RWE Hotlinern folgten und brachten dann schlussendlich das Ergebnis, dass die Säulen nun wieder auf Freischaltungsanfragen reagieren würden. Dem war zwar dann tatsächlich so, aber leider lieferte die Ladesäule nur 16A und somit die langsame 11kW Ladung. Das verlängerte den Aufenthalt zusätzlich zum ganzen Ärger um mehr als Faktor 2! Um bereits oben erwähnte Ehekrise abzuwenden, begnügte ich mich mit einem Minimum von 30 Minuten Ladung, und so fuhren wir weiter Richtung Münster. Ich hatte die Hoffnung, dass RWE das Problem bis dahin in den Griff bekommen würde. Leider enttäuschte auch die Ladesäule in Münster mit langsamer Ladung, und so zeigte der ZOE eine Ladezeit von drei Stunden an! Also gingen wir Plan B an und hofften, an einer der zehn 22kW Ladesäulen der Stadtwerke Münster laden zu können! Ich rief also dann am Firmensitz an, um zu fragen, wie man als Durchreisender Zugang zu den Ladesäulen bekommen könnte. Die Antwort: Gar nicht! Man sagte mir, die Säulen seien ausschließlich für eigenen Kunden, und da müsse ich schon meinen Energieversorger zuhause wechseln und zur SWM überlaufen! Auch eine bittende Nachfrage beim eMobility-Beauftragten, mir die Ladesäule am Firmensitz auf kurzem Dienstweg freizuschalten, wurde mir verwehrt. Man wollte mir partout nicht helfen, auch nicht in so einem Notfall, wo es mit den RWE-Säulen Probleme gab. Das ist so, als müsse man in der heimischen Ölheizung das Öl von Shell geliefert bekommen haben, um an einer Shell-Tankstelle sein Auto tanken zu dürfen!

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So blieb uns nichts anderes übrig, als an der Tankstelle in Münster an der gestörten RWE-Ladesäule weiter langsam zu laden. Dafür freute sich der Tankwart über den großen Einkauf, den wir tätigten, um die lange Wartezeit zu überbücken. Übrigens ein Aspekt, den viele Gewerbetreibende noch nicht verstanden haben: Wer eine Lademöglichkeit anbietet, bekommt zusätzliche gut zahlende Kunden, die sich die Wartezeit erleichtern wollen!

Nachdem der ZOE seine Stromaufnahme per „Elektronen-Pipette“ ausreichend genossen hatte, fuhren wir weiter zur Raststätte Tecklenburg, wo dann zum ersten Mal alles glatt lief. Die Säule startete brav nach der Freischaltung mit meiner Contract ID über die RWE iPhone App und lud das Auto tatsächlich sogar schnell mit den vollen 22kW, Wahnsinn!!! Entweder RWE hatte das Problem tatsächlich behoben, oder es waren doch nicht alle Säulen betroffen gewesen. So ging es dann jedenfalls nach 50 Minuten auch schon weiter.

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Der nächste Ladestopp wurde anschließend von uns in Dötlingen eingeleitet. Auch hier lief es super, da die Säule sogar im Messemodus war und direkt nach dem Einstecken des Ladekabels schnell zu laden begann. Der Messemodus bedeutet an dieser Stelle, dass keine personalisierte Freischaltung erforderlich war und somit die Ladung an dieser Säule für jedermann möglich und vor allem kostenlos ist. Wir schienen das Pech abgeschüttelt zu haben! Dass es dann plötzlich wie aus Eimern zu regnen begann, konnte uns nicht schocken, da wir mit einem Kaffee in der Raststätte warteten. Pünktlich mit Ladeende stoppte der Starkregen, und wir machten uns auf zum letzten Ladestopp nach Sottrum zum Rasthof Grundbergsee!

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Hier verließ uns dann das Glück leider auch schon wieder. Die Säule war zwar im Messemodus, lief aber ebenfalls ohne Schnellladung! 🙁 Ein manuelles Schalten auf 32A per RWE App war nicht möglich, die App beschwerte sich seltsamerweise immer über die Säulen-Nummer. Letztlich war das dann aber nicht mehr tragisch, weil die Ladung nach wenigen Minuten ohnehin plötzlich komplett abbrach. Der ZOE meldete Fehler mit der Batterie-Ladung, fing wieder an und ging wieder auf Fehler. Das ging mehrmals ohne mein Zutun hin in her, bis der ZOE schließlich die Fühler streckte und gar nicht mehr wollte. Weder das Entfernen des Ladekabels, noch das Aus/Einschalten des ZOE konnte die Fehlermeldung löschen. Nach insgesamt 20 Minuten erfolglosen Versuchens, das Auto wieder von einer Stromaufnahme zu überzeugen, rief ich dann die Renault Assistance an, da im Handbuch in solchen Fällen ein Werkstattbesuch angeraten wurde. Mit den 60km Reichweite im Akku war das 95km entfernte Hamburg jedenfalls unerreichbar! Man nahm alles auf und versprach einen Z.E. Techniker zu schicken. Der sollte dann entscheiden, ob es weiter gehen konnte oder ob wir einen Mietwagen gestellt bekämen. Frustriert gingen wir in der Zwischenzeit im Rasthof was essen. Nach einer Weile schaute ich nochmal am Auto vorbei und bemerkte, dass offenbar die längere Standzeit für einen Reset der Elektronik des ZOE gesorgt hatte. Der Fehler war plötzlich weg, und ich konnte sogar die Ladung starten, wenn auch nur weiterhin langsam, dank der RWE Störung. Sicherheitshalber wollte ich trotzdem auf den Z.E. Techniker warten, um sicher zu sein, dass es wirklich gefahrlos weiter gehen konnte. Zwischenzeitlich hatte sich der dann telefonisch bei mir gemeldet und seine Ankunft angekündigt. Er outete sich bei der Gelegenheit als Abschlepper ohne jede Möglichkeit einer Diagnose des ZOE! Er wollte nur abschleppen und zwar nach Bremen. Nach Rücksprache mit der Renault Assistance stornierte ich den Abschleppwagen dann wieder, und wir warteten noch etwas, bis der ZOE genug Saft genippt hatte, um Hamburg zu erreichen. Etwas seltsam war dann, dass die Reichweite des ZOE deutlich ausreichend war, das R-Link sich aber mehrfach beschwerte, dass das Ziel eben nicht erreichbar war. Ich lies es drauf ankommen und behielt recht.

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Die Fahrt auf dem letzten Abschnitt verlief normal, und wir erreichten um 22:15 das Hotel. Nach all diesen Erfahrungen wunderte mich dann auch nicht mehr, dass die Vattenfall Ladesäule neben dem Hotel in Hamburg dem ZOE erst nach dem 6. Anlauf Strom spendieren wollte! Offenbar gibt es hier ein Timing Problem zwischen dem ZOE und dieser Art Säulen! Das ließ sich letztendlich lösen, indem man nach dem Aktivieren der Ladesäule wartete, bis die Aufforderung im Display erschien, dass man das Auto verbinden sollte. Anschließend musste man sehr schnell das Kabel in die Säule, als auch ins Auto stecken, dann klappte es!

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Wir waren somit für 400km exakt 12h unterwegs gewesen, wenn man mal die 3 verlorenen Stunden von morgens mit dem R-Link Absturz abzieht. Der ZOE ist ja ein nagelneues Modell, wo es schon mal zu einem Softwarefehler kommen kann, was so direkt nichts mit der Elektromobilität zu tun. Was wirklich Zeit (rund fünf Stunden) gekostet hatte, war die Unzuverlässigkeit der Infrastruktur von RWE! Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Hoffnung, das mich hier Murphys Law getroffen hatte und wir einfach Pech gehabt hatten. Für den Rückweg redete ich mir ein, sicher etwas mehr Glück zu haben! Verbraucht hatten wir übrigens durchschnittlich 16,1kWh bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 59km/h. Ein kostenloser Parkplatz direkt an der Alster neben dem Hotel konnte zwar nicht über den Ärger hinweg trösten, muss als positiver Aspekt aber doch mal erwähnt werden! Die Hamburger waren recht diszipliniert, was die reservierten Parkplätze für Elektroautos angeht, wie wir bei unserem Aufenthalt feststellen mussten. Auf den Hinweisschildern wurde mit dem Abschleppen falsch geparkter Fahrzeuge gedroht, was ich auch in unserer Heimat sehr begrüßen würde!

Tour Report Hamburg – Wuppertal

Nach vier Tagen Aufenthalt im wirklich schönen Hamburg sollte sich zeigen, ob sich unsere schlechten Erfahrungen von der Hinfahrt nach Hamburg auf dem Rückweg nach Wuppertal wiederholen würden. Vielleicht war die Unzuverlässigkeit der RWE-Ladesäulen lediglich ein furchtbar unglücklicher Zufall. Los fahren wollten wir eigentlich um 10:15 Uhr, was aber leider der Hamburger Halbmarathon verhinderte, der auf der Strasse stattfand, wo ausgerechnet der ZOE zum Laden geparkt war. Das fing ja gut an! Wir waren dann erstmal an der Alster in der Sonne frühstücken, was auch sehr schön war, und konnten dann schließlich um 11:30 Uhr mit einer Reichweite von 130km losfahren, als die Strassensperrung aufgehoben war. Dank den Harley Days war der Verkehr aus Hamburg raus aber leider die reinste Rush Hour, und so verloren wir eine knappe halbe Stunde.

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Der erste Ladestopp sollte nach 91km an der Raststätte Grundbergsee in Sottrum stattfinden. Auf dem Hinweg hatten wir dort (auf der anderen Autobahnseite) nur langsam laden können. Das war auf dem Rückweg Richtung Süden glücklicherweise nicht so, und so luden wir im Messemodus kostenlos und vor allem schnell mit 22kW. Hier hatte ich im ersten Moment einen Schreck bekommen, da der Monitor der Säule anzeigte, dass sie außer Betrieb sei. Glücklicherweise gehörte dieser zur CHAdeMO-Seite der Kombisäule, die völlig losgelöst von der Typ2-Seite zu sein scheint. Das erste und letzte Mal trafen wir bei dieser Reise an dieser Stelle auf ein weiteres Elektroauto, einen Citroen C-Zero, der vermutlich aufgrund der defekten CHAdeMO-Säule hier gestrandet war.

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Nach 45 Minuten ging es dann weiter zum nächsten Ladestopp an der 57km entfernten Raststätte Dötlingen. Dies sollte eigentlich nur ein kurzer Zwischenstopp sein, der sich dann aber leider deutlich ausdehnte, weil die Säule hier zwar im kostenlosen Messemodus, aber lediglich mit 11kW lud. Die Geschichte vom Hinweg wiederholte sich also! Erst rund zwei Stunden später ging es weiter Richtung Raststätte Tecklenburg, wo die nächste RWE-Enttäuschung auf uns wartete. Die Säule war offenbar komplett hinüber bzw. ausgeschaltet. Der Monitor der CHAdeMO war aus und auch ansonsten ließ sich die Säule nicht zur Kommunikation, geschweige denn zum Laden überreden. Auch nicht über die von mir kontaktierte RWE eMobility Hotline. Plan B war dann, die Säule auf der anderen Autobahnseite zu nehmen, an der ich auf dem Hinweg bereits geladen hatte. Nachdem ich mich dann schon 20 km zur nächsten Ausfahrt und wieder zurück hatte fahren sehen, überraschte mich das ansonsten eher schwache R-Link TomTom Navi: es leitete mich über „Anlieger frei“ Strassen direkt von der Raststätte runter auf die Landstraße und unter der Autobahnbrücke rüber auf die andere Seite. Nach 2km anstatt 20km war ich also flux am Schnellladen, sehr schön. Der Weg zurück war dann allerdings weniger schön, da ich auf der Raststätte entgegen der Einbahnstraße fahren musste, um wieder die „Anlieger frei“ Strasse erreichen zu können. Das Mogeln zurück zur anderen Seite musste einfach sein, um meine Nerven zu schonen, schliesslich hatte ich durch die Hotline-Telefoniererei bereits wieder viel Zeit verloren. Ich war auch vorsichtig, versprochen! 🙂

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Weiter ging es für 45km Richtung Ascheberg, wo wir für die letzte Etappe kurz zwischenladen wollten. Dort angekommen, machte sich schon wieder Frust breit. Die Säule ließ sich nicht per RWE iPhone App freischalten. Es folgte also wieder der obligatorische Anruf bei der Hotline. Ob man mich wohl bereits an der Stimme erkannte? Aber auch dort konnte man mir nicht helfen. Man sagte mir, die Säule sei dem System gar nicht bekannt. Da dachte ich prompt, dass das RWE wohl einige Ladesäulen per Fallschirm abgeworfen hatte und nun nicht mehr wusste, wo diese gelandet seien.

Diese Ladesäule kann ich in unserem System nicht finden!

Also ging es mal wieder zu Plan B, der Ladesäule in Unna am Bahnhof, wo wir bereits negative Erfahrungen auf dem Hinweg gemacht hatten. Ich hoffte, dass die Probleme in der Zwischenzeit behoben wurden. Leider geschah in der Tat wieder das gleiche Theater wie einige Tage zuvor. Die Säule wollte uns keinen Strom spenden! Ein weiterer Anruf an der RWE Hotline brachte dann die Erkenntnis, dass das RWE mal wieder technische Problem habe und derzeit „der Server“ rebootet werden müsse. Man vertröstete mich weitere 20 Minuten, nach denen die Ladung aber immer noch nicht starten wollte. Dieses mal konnte die Hotline allerdings weiterhelfen und startete die Ladung aus der Entfernung. Leider aber wieder nur langsam mit 11kW, und es klappte auch nur die eine der beiden Seiten der Säule. Nun hieß es ein weiteres und letztes Mal Geduld üben! Da ich wusste, dass der folgende Abschnitt einige Höhenmeter bergauf beinhaltete, kalkulierte ich knapp 10km Reichweite oben drauf, und so fuhren wir mit 61km Saft weiter auf die letzte 50km Etappe. Leider habe ich die zu machenden Höhenmeter aber etwas unterschätzt, weshalb es nochmal richtig spannend wurde, als zwischenzeitlich weniger Reichweite als Restkilometer angezeigt wurden. Eine langsamere Reisegeschwindigkeit von 80km/h und fleißiges Rekuperieren brachte uns dann aber doch ganz knapp nach Hause. Bei 20km Reichweite sprang die orange Reservelampe des ZOE an, welche dann unterhalb von 8km auf rot wechselte. Dabei verschwand dann auch die Anzeige der prognostizierten Reichweite. Hätte die letzte Säule, wie sie sollte, mit 22kW geladen, wäre uns dieser Stress erspart geblieben!

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Schlussendlich kamen wir um 22:30Uhr Zuhause an und waren somit auf dem Rückweg ebenfalls genau 12h unterwegs. Davon waren allerdings etwa 90 Minuten auf Staus zurückzuführen, was den Schnitt im Vergleich zum Hinweg etwas verbessert. Trotzdem sind das immer noch 3,5 Stunden mehr Reisezeit, als unsere pessimistisch kalkulierten 7h. Verbraucht haben wir auf der gesamten Distanz (Hin- und Rückweg) durchschnittlich 16,7kWh, bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 56km/h. Der Gesamtverbrauch von 135kWh für die 810km entspricht einer Menge gespartem CO2 und hätte in etwa 35€ für Energie gekostet. Ein kleiner Trost ist, dass wir kostenlos unterwegs waren, da die BEW uns freundlicherweise den verbrauchten Strom nicht berechnet. Bei der BEW habe ich einen Autostrom Vertrag, die wiederum einen Roaming Vertrag mit dem RWE haben. Unterm Strich ein schlechter Stundenlohn für die Rolle des Infrastruktur Testers.

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Fazit und Appell an RWE

Das Elektroauto, speziell der Renault ZOE, ist wirklich bereit und voll alltagstauglich! Ein paar Schwächen hat zwar das R-Link, auch was die Navigation und Bedienung angeht, aber hier wird sicher noch etwas Feinschliff über Software Updates erfolgen. Ein weiteres Manko war die Limitierung auf 95km/h im ECO Modus. Das ist einfach einen Tick zu knapp um vernünftig LKW’s zu überholen. Ich halte eine Begrenzung auf 100 oder 105km/h für die deutlich bessere Lösung, als immer mal wieder den Kickdown mit maximaler Leistung abzurufen, um ein Überholmanöver nicht zu einem gefährlichen Minutenakt mutieren zu lassen.

Was leider aber überhaupt nicht bereit ist, ist die Infrastruktur! Hier hat mich die RWE auf ganzer Linie enttäuscht. Man kann sagen, dass an mehr als der Hälfte der Ladesäulen die Ladung bzw. Freischaltung Probleme machte oder sogar überhaupt nicht möglich war! Man gewinnt den Eindruck, dass eigentlich jeden zweiten Tag ein Kraftwerk explodieren müsste, so wie dieser Konzern seine Infrastruktur zu betreiben scheint. Es geht hier nicht um irgendeine Steckdose, die nicht funktioniert. Es geht um Menschen, die auf Reisen sind und bei einer nicht funktionierenden Ladesäule schlicht stranden und im schlimmsten Fall nicht mehr weiter kommen. Man steht im Regen, das Auto lädt nicht, die Ehefrau ist sauer und die Enttäuschung über das Produkt und das Unvermögen des Anbieters wachsen ins Unermessliche. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, welche Wut ich gehabt hätte, wenn ich nicht den ZOE gehabt hätte, der dann meist wenigstens mit 11kW laden konnte, sondern z.B. einen C-Zero oder Nissan Leaf, der auf die CHAdeMO-Säulen angewiesen ist. Da sprechen wir dann anstatt von 30 Minuten Ladezeit schnell mal von 6 Stunden! Zumal man mit einem Autostrom-Vertrag eine Leistung bezahlt, die dann anschließend seitens der RWE nicht erbracht wird. Und das auch noch vor dem Hintergrund, dass sämtliche Ladesäulen von der Bundesregierung gefördert und daher mit Steuergeldern finanziert worden sind. Ich hätte es noch begriffen und hinnehmen können, wenn das System noch im Testbetrieb wäre, wie es die letzten Jahre war. Die Säulen stehen teilweise bereits Jahre, es wird Geld dafür bezahlt und dann klappt (fast) nix?!? Wie soll man da als begeisterter Elektromobilist im Bekanntenkreis argumentieren? Wie soll man da neue potentielle Käufer für ein Elektroauto begeistern?!?

Mehr als die Hälfte aller Ladesäulen hat nicht funktioniert wie sie sollen!

Wieso lässt sich eine funktionierende Ladesäule nicht zur Schnellladung überreden? Wieso gibt es offensichtlich kein Monitoring der Funktion der Ladesäulen? Wieso haben die Ladesäulen laut Auskunft eines Technikers unterschiedliche Software-Konfigurationsstände? Wieso sind manche Ladesäulen offenbar tage- oder wochenlang defekt? Wieso hat die (jederzeit freundliche) Hotline keine „Werkzeuge“ an der Hand, um dem hilflosen Kunden zu helfen? Wieso kann die Hotline eine Ladesäule nicht aus der Ferne in den Messemodus schalten, wenn Probleme mit der Billing-Infrastrukur bestehen? Wieso wirkt die iPhone App eines Milliardenkonzerns optisch und funktionell wie aus der Hand eines Praktikanten? Auf diese Fragen hätte ich nur allzu gerne Antworten!

Neben einer drastischen Verbesserung der Zuverlässigkeit, Bedarf es aber auch weiterer Ladesäulen, am besten an jeder Raststätte. Das würde das Elektroauto deutlich voranbringen, und zwar mehr als weitere Modelle mit größeren Reichweiten! Wenn man an „jeder Ecke“ zuverlässig laden kann, ist jede Reichweiten-Diskussion obsolet! Ich sehe ein, dass das auch finanziert werden muss. Daher schlage ich vor, dass ein paar Millionen der Milliarden-Zuwendungen der Bundesregierung, anstatt an die Automobil-Industrie, für den massiven Ausbau an die Betreiber der Infrastruktur geleitet werden.

Werde ich es wieder versuchen? Oder werde ich mir für die nächste Urlaubsfahrt einen Verbrenner mieten?! Ich bin nach wie vor von der Elektromobilität überzeugt. Solange man Zuhause laden kann und nicht auf die Infrastruktur unterwegs angewiesen ist. Dennoch werde ich in 3 Wochen erneut eine ähnliche Tour nach Cuxhaven unternehmen. Ich weiss jetzt, was mich erwarten kann und hoffe einfach, dass zumindest sämtliche von mir an die RWE Technik gemeldeten Ladesäulen funktionieren werden. Daher mein Aufruf an das RWE: Tut was und zeigt, dass ihr handlungsfähig und vor allem handlungsbereit seid!