Kennt ihr das? Ihr wollt eine Aufgabe schnell und einfach lösen und euch ist bereits nach der Hälfte des Weges klar: So wird das nix! Wer von euch hats neu gemacht und wer hat den Mist dann halt durchgezogen und gehofft, dass es niemandem (wichtigen) auffällt?! Manchmal gewinnt man in solchen Fällen und manchmal verliert man. So oder so ähnlich stelle ich mir die Situation vor, als man einigen Petrolheads bei der AMS (Auto, Motor und Sport) und dem TÜV Süd die Aufgabe gegeben hat, ein „Elektroauto Härtetest“ durchzuführen. Sie haben den Test halt gemacht, katastrophal andere Ergebnisse erzielt, als Hersteller und Besitzer dieser Fahrzeuge an jeder Ecke im Internet bekunden und dennoch dran festgehalten. So kam man zum Beispiel für das Tesla Model S bei 120km/h auf eine maximale Reichweite von 184km. Tesla selbst wirbt bei dieser Geschwindigkeit auf der eigenen Webseite mit 358km und nur eine Google Suche weiter liest man von ähnlichen Erfahrungswerten der Besitzer.

Shit happens

Wie es inoffiziell heisst, hatten die Beteiligten wohl die Idee, die Autos nur teilweise im realen Leben zu bewegen und stattdessen bequem auf dem Rollenprüfstand laufen zu lassen. Danach noch fix ein bisschen mathematischen Hokuspokus dazu und fertig ist ein „toller“ Artikel für die Ausgabe 16/2014. Dabei will ich nicht mal unterstellen, dass man damit den wertvollen Anzeigenkunden mit den fadenscheinigen Engagements in Sachen nachhaltiger Mobilitätszukunft einen Gefallen tun wollte. Ich glaube eher, dass man hier schlicht unprofessionell gearbeitet und den Point-of-No-Return gnadenlos vorbeiziehen lassen hat.

AMS-Challenge_Tesla_Deichfoto

Die AMS-Redaktion kann einem schon leid tun. Bei schwindenden Auflagen in der Zeitungswelt, dürfte es immer schwerer fallen mit den sinkenden Budgets gute Arbeit zu leisten. Das ist leider symptomatisch für die ganze Branche und wir (das Internet) sind ein bisschen mit Schuld an der Kostenlos-Miserie. Aber manchmal ändern sich halt einfach die Zeiten, nicht nur bei der Art unserer Mobilität und der Plattform von Informationsverbreitung. Ganz besonders erschreckt hat mich nämlich, dass auch der Umgang mit Fehlern noch auf dem Niveau alter Zeiten liegt, in denen man am besten einfach alles totgeschwiegen hat. Anders ist mir das Verhalten der AMS nicht zu erklären, obwohl es eigentlich erstmal gut aussah, als der betreffende Redakteur die Wette von Lars Thomsen annahm, der ihm sein im nächsten Jahr durch Tesla zu lieferndes Model X (Wert 120.000€) anbot, wenn der Test in seinem Beisein auf echter Straße mit diesem Ausgang wiederholt werden kann. Die einzige Gegenleistung sollte sein, dass die AMS einen umfangreichen Widerruf veröffentlicht, falls sie die Wette verliert. Leider wurde diese scheinbar voreilige Zusage kurze Zeit später widerrufen und man bemühte sich um viele Sätze mit wenig Inhalt. Die Umstände des Tests und die genaue Vorgehensweise ließ sich die AMS leider nicht entlocken.

Wo viel Schatten, da auch viel Licht

Angestachelt vom beeindruckenden Wettversuch von Lars, blies der Tesla Fahrer und Freunde e.V. (TFF) zum Gegenangriff – und eine geballte Elektroauto-Szene folgte dem Ruf: Die AMS im Härtetest der Realität! So erschienen am Ladepark Hilden tatsächlich über 70 Elektroautos und noch mehr Personen aus weiten Teilen Deutschlands und sogar Nachbarländern und zeigten Flagge für eine nachhaltige Mobilität. Ein gut geplantes Prüfprogramm absolvierten schließlich fast 40 Fahrzeuge und bewiesen ausnahmslos, wie falsch die in der AMS veröffentlichten Werte waren. Ich möchte hier bewusst nicht auf die Details und Ergebnisse eingehen, da hat zum Beispiel E-Auto.TV bereits tolle Arbeit geleistet, deren Lektüre ich dringend empfehle. Soviel vorab: Es kam wie es kommen musste und die Teslas fuhren allesamt weitgehend identische Reichweiten im mittleren Bereich von ca. 360km bei 120km/h avisierter Geschwindigkeit.

AMS-Challenge_Reichweite_Uebersicht

Natürlich reichte das aber nicht und so setzten einige Tesla-Fahrer noch einen drauf und versuchten mit geringerer Geschwindigkeit die 500km Marke zu knacken, die der Hersteller als theoretisches Maximal angibt. Als wäre es nicht genug, dass mehrere Tesla Fahrer diese Hürde spielend schafften, fuhren zwei von ihnen sogar bis nach Ostfriesland und knipsten ein Bild vom Deich aus und kamen ohne Zwischenladung auch wieder bis nach Hilden zurück. Den Rekord setzte Tubist88 mit 558 gefahrenen Kilometern und 10km Restreichweite!

AMS-Challenge_Deichfoto

Nicht nur das Ergebnis des Gegenbeweises, sondern die gesamte Veranstaltung war wirklich der Hammer. Das war einer der besten Events die ich in den letzten 2 Jahren zum Thema Elektromobilität erlebt habe! Und ich bin bei so einigen großen Kalibern dabei gewesen. Super Organisation, viele nette Menschen mit tollen Gesprächen, top Verpflegung durch die Bäckerei Schüren, massenhaft Lademöglichkeiten für alle Teilnehmer, jeder hat (s)eine Rolle zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen und die Stimmung war regelrecht elektrisierend!!! Danke an Roland Schüren, danke an das TFF und danke an alle Helfer und Besucher! Wir alle müssen der Auto, Motor und Sport eigentlich sogar ein Stück dankbar sein, dieses Event indirekt angestoßen zu haben! 😉

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Fazit

Den größten Fehler den die AMS allerdings gemacht hat war, dass sie sich trotz offizieller Einladung bei dieser großartigen Veranstaltung nicht blicken lassen haben. Es hätte deutlich Größe bewiesen, wenn sie bei dem Test mit Rat und Tat, oder zumindest mit detaillierter Auskunft über ihr eigenes Vorgehen, zur Verfügung gestanden hätten. Meiner Meinung nach hätte man sich neben dem Erscheinen von ZDF, WDR, Rheinische Post, Deutschlandfunk und diversen Online Portalen keinen Zacken aus der Krone gebrochen. Der nächste interessante Artikel in AMS Ausgabe 17/2014 wäre ihnen sicher gewesen! So haben sie die Viralität unterschätzt, die man heute im Internet erreichen kann und welche es sogar bis ins heute journal geschafft hat!

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Pressespiegel:

Den Pressespiegel werde ich noch nachträglich erweitern, sofern etwas dazu kommt. Radio Neandertal war zum Beispiel ebenso anwesend, hat aber noch nicht berichtet. Weiter arbeiten Ernesto Ruge von RuhrmobilE und ich an weiteren Zusammenstellungen von Fotos und Videos, welche dieses historische Event würdigen sollen!

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