Es steht ein Ausflug nach Neukirchen-Vlynn an, was rund 75km entfernt von Wuppertal ist. Der Anlass ist eine Grillparty einer lieben Freundin die in Dubai lebt und mal wieder im Lande zu Besuch ist. Ein Klacks für den ZOE – mit vollem Akku und ganz zartem Gasfuß zumindest. Der ZOE ist aber nicht voll, da ich heute entgegen der Planung nicht in der Innenstadt sein konnte, wo ich bei der Gelegenheit im Parkhaus geladen hätte. Also fahre ich zur bereits bekannten und beliebten Ladesäule der WSW um die Ecke. Diese liegt bei einem Aldi gegenüber – ich will eh noch was einkaufen. Leider stottert die Ladung aber nur vor sich hin und bricht immer wieder ab. Der ZOE beschwert sich schließlich, die Batterie-Ladung wäre nicht möglich. Ich kenne das bereits zur Genüge, irgendwas ist an der Ladesäule plötzlich nicht mehr ganz innerhalb der Rahmenparameter die der Typ2 Standard vorsieht. Der ZOE nimmt es da sehr genau und ist wenig fehlertolerant. Achselzuckend breche ich die Versuche ab, halb voll ist er ja immerhin, also wird einfach unterwegs irgendwo geladen, damit ich nachts für den Rückweg genug Saft habe.
Abends geht es durch das Ruhrgebiet, ein Schaufenster-Projekt der Bundesregierung. Gefühlt 30 Ladesäulen stehen zur Auswahl und ich entscheide mich für eine Ladestation in Duisburg. Dort angekommen, treibt innerlich mein Blutdruck hoch, da der Zugang zur Ladesäule durch einen offensichtlich dauerhaft dort parkenden Fiat 500 zugeparkt ist. Wäre ja zu schön, wenn die von Steuergeldern bezahlte Infrastruktur für alle problemlos nutzbar wäre. Hauptsache die dort ansässige Gebäude-Verwaltung wirbt mit einem großen Schild für die Elektromobilität. 🙁
Ich quetsche mich dahinter und bin froh über mein überlanges 10m Ladekabel. Weniger froh bin ich beim Blick auf den Tacho des ZOE, der überraschend die doppelte Ladedauer anzeigt. Die Ladestation läuft nur mit 11kW anstatt den üblichen 22kW und stellt damit meine Loyalität zur Elektromobilität auf die Probe. Mit einem Anruf bei der RWE-Hotline versuche ich eine Störungsmeldung abzugeben. Lieber Hotliner, du bist ein @%“$$! Sowas unkooperatives habe ich selten erlebt. Eine Störungsaufnahme hält dieses Individuum nicht für notwendig. Das Auto lädt schliesslich, also sei auch alles in Ordnung. Ja ne, is klar! Wenn ein Auto nur noch maximal 50km/h fährt, ist auch alles ok, fährt doch! Ungewollt klinge ich etwas arrogant und versuche ihm zu erklären, dass mir erst vor einer Woche der Leiter des Produktmanagements von RWE Mobility in einer persönlichen Mail versichert hat, dass alle RWE Ladesäulen in Deutschland die vollen 22kW machen. Leider ernte ich nur Ignoranz und gebe schließlich auf.Ich leite Blutdruck senkende Maßnahmen ein und fahre einfach weiter Richtung Neukirchen-Vlynn. Das sanfte Gleiten im ZOE ist Balsam für Infrastruktur geplagte Seelen, was dafür sorgt, dass ich ohne Herzinfarkt die Ladesäule auf dem Dorfplatz erreiche. Schnell das Auto anschließen, die Ladung starten, neugierige Fragen vom Dönerbuden-Besitzer gegenüber beantworten und zur Grillparty vom Dorfplatz abholen lassen. Es folgt ein schöner Abend, geprägt durch Erzählungen über meinen ZOE, die ausbaufähige Infrastruktur und Lobhudelei über kommende Elektroautos! Ich bin wieder in meinem Element und der Ärger des Tages verblasst. In diesen Momenten weiss ich, dass ich das Richtige tue, irgendwer muss schließlich den Anfang machen und den anderen zeigen, dass es geht – irgendwie zumindest.
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