Welches ist das beste Elektroauto … für mich? Nach inzwischen fast drei Jahren rein elektrischen Fahrens haben sowohl der Smart ED als auch der BMW i3 (mit REX) mich so überzeugt, dass ich keinen Verbrenner mehr besitzen möchte und selbst die Langstrecke in den Urlaub rein elektrisch stressfrei zur Routine geworden ist. Der Rex im i3 ist in meinem Alltag überflüssig geworden und ich habe ihn in fast zwei Jahren auf 20.000km genau für 30km genutzt. Er hat inzwischen nur noch psychologische Funktion gegen die – meist unbegründete – Reichweitenangst.
Aber könnte mit dem „besten Auto der Welt“ nicht alles noch besser werden? Um das herauszufinden, hatte ich über die Carsharing-Platform Ruhrauto-e ein Model S 85 (die Version ohne Dualdrive) für ein verlängertes Wochenende reserviert. Fast jedes auf dem Markt aktuell erhältliche Elektroauto kann man übrigens dort ausleihen und ausgiebig testen. Das kann ich jedem, der Elektromobilität erleben möchte nur empfehlen. So kann man so in seinem individuellen Alltag verschiedene Fahrzeuge erproben, was bei der Entscheidung hilfreicher ist, als eine kurze – möglicherweise begleitete – Testfahrt beim Händler.
Nach drei überwiegend sehr zufriedenen Jahren mit Smart ED und dem BMW i3 war ich gespannt, wie sich wohl ein Tesla Model S im Vergleich zu den beiden anderen im Alltag für mich bewähren würde. Es geht hier nicht darum, Smart ED, BMW i3, Tesla Model S 85 gegeneinander zu vergleichen. Das wäre unfair und so, wie Erbsen mit Birnen zu vergleichen. Es geht mir vielmehr darum zu sehen, welches Auto für meinen Alltag am besten passen würde und ob z.B. statt des i3 ein Model S für mich besser geeignet wäre.
In Wuppertal stieg ich vom i3 in den Tesla um und nach persönlicher Übergabe mit kurzer Einweisung ging es dann los. Neben der schieren Größe (besonders wenn man vom i3 oder Smart wechselt) beeindruckte es mich, in ein Elektroauto einzusteigen, bei dem zu Beginn fantastisch anmutende 400km Restreichweite angezeigt werden. Daran war ich nicht gewöhnt. Auch der riesige Touchscreen in der Mitte und das Tachodisplay punkteten positiv und unterscheiden sich von allen anderen Autos auf den ersten Blick. Die Bedienung ging damit überraschend gut, auch wenn ich manche Funktion erstmal suchen musste, da dedizierte Knöpfe für viele Funktionen zu Gunsten von „Softbuttons“ auf dem Touchscreen fehlen. Das ermögliche natürlich mit Softwareupdates, die es bei Tesla regelmäßig gibt, auch völlig neue Funktionen ins Auto nachzurüsten, für die initial kein Knopf vorgesehen war. Solche Updates suche ich bei Smart und BMW vergeblich. Selbst Updates des Navigationssystems sind bei den beiden deutschen Autos nicht selbstverständlich oder gar automatisch und erfordern meist kostenträchtige Werkstattbesuche.
Im Innenraum war ich insgesamt etwas enttäuscht, denn er war verhältnismäßig schlicht und in der Anmutung und auch der Präzision der Verarbeitung nicht so solide und gediegen wie im i3. Und selbst mein Smart mit seinen farbig-roten Stoffbespannungen hatte irgendwie mehr Flair. Bevor mich alle Teslafahrer jetzt steinigen: Die Ausstattung und Verarbeitung im Tesla ist schon ok, aber eben nicht soviel besser als im Smart oder i3, wie ich es anhand des wesentliche höheren Preises und der gehoben Fahrzeugklasse erwartet hätte. Etwas verwundert war ich, wegen der wenigen Ablagefächer, auch wenn ich das gut versteckte elektrisch öffnende Handschuhfach noch gefunden hatte, suchte ich Flaschenhalter oder praktische Fächer vergeblich, wie ich sie aus meinen beiden anderen Fahrzeugen lieben gelernt hatte. Ein schöner Mehrwert sind die elektrisch öffnende und schließende Heckklappe und die sich automatisch versenkenden Türgriffe sowie der Platz im „Frunk“.
Spätestens nach dem ersten Kontakt mit dem Gaspedal aber wusste ich, was mit dem „Teslagrinsen“ gemeint ist. Selbst wenn man das hohe Drehmoment und die geräuschlos brachiale Kraft von Elektromotoren schon kennt, zieht einem die Beschleunigung des Tesla Model S unwillkürlich die Mundwinkel nach oben, wo sie dann erstmal auch bleiben. Und das war noch nicht das Model mit Dualdrive und „Ludicrous-Mode“ sondern „nur“ das ältere S85 Modell ohne „D“. Aber selbst diese Beschleunigung braucht man im Alltag nicht wirklich. Ich zumindest nicht. Aber schön ist es schon.
Während des Testwochenendes fuhr ich meinen normalen Weg zur Arbeit (incl. Parkhaus), natürlich auch ein Abstecher zum E-Mobil Frühstück beim besten Bäcker am Ladepark Hilden und dann eine Tour in die Niederlande bei schönstem Wetter mit Zwischenladung am Supercharger Zevenaar.
Am Abend endete unsere Tour nach ungefähr 600km am Supercharger Kamen mit einem leckeren Essen in Connies Diner.
Auf der Autobahn war der Tesla voll in seinem Element und überaus angenehm zu fahren. Schon lustig, dass ausgerechnet ein Auto aus einem Land mit harten Tempolimits auf den Highways, sich auf deutschen Autobahnen am besten fährt. Die brachiale Beschleunigung hörte nicht bei 100km/h auf, sondern bis 205km/h war immer mehr als genug Kraft und Drehmoment für Überholvorgänge vorhanden. Allerdings ist das Fahren mit 205km/h durchaus anstrengend und nichts für mich auf längeren Strecken, da zu ermüdend. Beim Smart ED hingegen ist ab 100km/h die Beschleunigung äußerst verhalten. Beim i3 ist ab 130 die Beschleunigung schon weniger reduziert aber bei 160km/h dann endgültig Schluss. Bei allen drei Autos ist es gleichermaßen leise trotz deutlich höherer Beschleunigung gegenüber den gleichklassigen Verbrennern. Es ist schön, so ohne Motorgedröhne. Nur Wind- und Rollgeräusche untermalen das stille Dahingleiten. Beim Tesla allerdings dröhnte am Supercharger draußen der Lüfter enorm unter der Motorhaube, nachdem wir ihn auf der Autobahn schon ein wenig gequält hatten. So leise der Tesla im Antrieb war, so laut war er am Supercharger (es war allerdings auch mit 30°C ziemlich heiß). Das unkomplizierte Schnellladen am Supercharger war aber trotzdem ein absolutes Highlight. Zum Einen wie einfach das Laden war, wenn man den Ladekartenhickhack für andere E-Mobile gewöhnt ist. Hier: Stecker rein- fertig. Zum Anderen beeindruckte natürlich die Ladegeschwindigkeit. Was dabei die Transformatoren am Supercharger leisteten und hinten an Hitze herausdrückten, hat mir unwillkürlich Ideen zur Nutzung als Fernwärme in den Kopf steigen lassen.
So angenehm und entspannt die Autobahnfahrt war, so schrecklich war es für mich mit dem Tesla im Parkhaus. Das Manövrieren in der Enge war unangenehm, trotz Abstandssensoren. Das war an unserer Einfahrt zuhause zwischen zwei Mauerpfosten ähnlich. Die Enge fühlte sich dramatischer an, als sie tatsächlich war. Natürlich auch, da ich i3 und Smart gewohnt bin, reichte hier die Zeit für die Gewöhnung nicht aus. Das wird aber sicher besser, wenn man länger mit dem Tesla unterwegs ist und sich mit den Abmessungen vertraut gemacht hat.
Für mich war es ein interessantes Experiment. Und wie so oft ist die Frage nach DEM bestem Elektroauto nicht so einfach zu beantworten. Es kommt darauf an, für wen und wofür. In der Stadt möchte ich meinen Smart ED nicht missen. Wenn ich mehr als zwei Personen oder mehr Gepäck transportieren muss, reicht mir der BMW i3 auch. Auf der Langstrecke und für die Autobahn ist der Tesla sicher mein Favorit. Ich kann alle verstehen, die sagen, er sei das beste Auto der Welt. Ich denke, er ist auf jeden Fall nah dran. Absolut ist der Preis des Tesla sicher hoch, aber relativ im Preisleistungsverhältnis m.E. besser als der i3. Für mich wäre das ideale Auto so kompakt wie ein I3 mit der Reichweite und der Ladeinfrastruktur und Lade-Kompatibilität des Tesla zum Preis eines Smart ED. Das wird es wohl auf lange Sicht so nicht geben. Für das erste würde mein i3 schon viel an Langstreckenkomfort gewinnen, wenn an den Autobahnen die lange versprochene CCS-Schnellladung endlich verfügbar wäre, so wie die Niederlande das mit Fastned schon länger vormachen.
Am Ende fiel es mir schon schwer, den Tesla wieder abgeben zu müssen. Aber das kommende Tesla Model 3 werde ich sehr aufmerksam beobachten. BMW und Daimler müssen sich schon mehr als bisher anstrengen, wenn ich nach meinem BMW i3 und Smart ED wieder ein deutsches Elektroauto kaufen soll. So wie es bisher aussieht, würde ich derzeit eher ein Tesla Model 3 vorziehen, selbst wenn offiziell noch wenig darüber bekannt ist. Aber dieses wenige reicht, um zu zeigen, dass die deutschen Autobauer mehr tun müssen, um nicht sehr bald bei der Elektromobilität hinten anzustehen.
Disclaimer:
Falls einige Teslafahrer, die dies lesen möglicherweise manches anders sehen oder Ihr Model S geschmälert sehen: Es geht hier um die Beurteilung des Tesla Model S in meinem persönlichen Alltag und für meinen Anwendungsfall. Wenn ich hier also gelegentlich Kritik am Tesla übe, heisst das nicht, dass ich nicht trotzdem der Meinung bin, dass das Model S unbestritten das derzeit beste käufliche Serien-Elektroauto ist. Das steht fest.
Also: Tesla macht sehr viel richtig und fast alles besser als die deutsche Autoindustrie. Trotzdem gibt es auch am Model S Dinge, die man verbessern kann und sollte.
– Peace –